Wandern am Dachstein I Meine Mehrtagessolohüttenwanderung

Ein „Ticket“ zurück zu mir, so betitelte ich meine mehrtägige Solowanderung kreuz und quer über den Dachstein. Die letzten Wochen – vielleicht auch Monate – war ich irgendwie neben mir gestanden. Alles fühlte sich zäh an. Ich hatte das Gefühl einer Blockade im Kopf. Eine Auszeit in Bewegung wünschte ich mir. Einfach Gehen und sich frei fühlen. Runterkommen. Abstand nehmen. Die Gedanken kommen und gehen lassen. Alleine. In Ruhe und eigenem Tempo.

Nun wollte ich meinen Plan endlich in die Tat umsetzen. Denn mein Vorhaben „Wandern in Österreich“, das zu „Wandern am Dachstein“ wurde, hatte ich insgesamt schon dreimal verschoben. Andere Unternehmungen wie z.B. meine Ausflüge nach Portugal (Wandern am Rota Vicentina), England (Persönliche Assistentin bei internationalen E-Rolli-Fussball Turnier) oder Frankreich (Multiabenteuersportwoche in Annecy) waren mir dazwischengekommen.

Selfauslöserbild am Dachsteinrundwanderweg
Wandern am Dachstein: Am Dachstein-Rundwanderweg vom Stoderzinken zum Guttenberghaus

Der Ort, wo ich loswandern würde, ergab sich aus pragmatischen Gründen. Eine sehr, sehr gute Freundin, die in der Steiermark wohnt, fuhr von Wien nach Hause. Da wir uns selten sahen, war gemeinsame Zeit kostbar. Ihr Wohnort nahm daher immer prioritäre Stellung ein für Unternehmungen in die Berge. So auch diesmal. Die gemeinsame Fahrt gab uns mehr Zeit zum Austausch. Es war perfekt.

Von wo ich meine Mehrtagessolohüttenwanderung los starten würde, legten wir am Abend fest. Ein paar Ideen hatte ich schon. Simone würzte meine Ideen mit Ortskenntnissen. In der Früh brachte sie mich mit dem Auto zu dem festgelegten Ausgangspunkt (Danke!!!!) – dem höchsten Parkplatz beim Stoderzinken. Über meine weitere Route würde ich nach Rücksprache mit den HüttenwirtInnen am Weg entscheiden.

 

TAG 1: VOM STODERZINKEN PARKPLATZ ZUM GUTTENBERGHAUS

Nach zwei Phasen kurzer Orientierungslosigkeit – einmal beim Steinerhaus (dort wo sich auch der höchste Parkplatz beim Stoderzinken befindet) – ich lief gleich ein paar Meter in die falsche Richtung los und das zweite Mal bei der Brunnerhütte – ich war natürlich ein paar Minuten einem falschen Pfad gefolgt, erreichte ich nach einer Viertelstunde endlich den Weg 618. Die rot-weiß-roten Wegmarkierungen leuchteten mir schon von der Ferne entgegen, als ich ihn endlich fand.

Ausblicke am Dachsteinrundwanderweg vom Stoderzinken zum Guttenberghaus
Wandern am Dachstein: Ausblicke am Dachstein-Rundwanderweg vom Stoderzinken zum Guttenberghaus; oben re. die Brunnerhütte, oben links eine Almwiese, unten links Ausblick auf die Königsetappe von der Ferne, unten rechts Ahornsee

„Typisch-Ich“, war mein einziger Gedanke. Denn beinahe jede aktive Unternehmung startete bei mir mit einem Umherirren bevor es richtig losging. Unzählige Male war mir das bereits passiert. Auch wenn ich gern darauf verzichtete – irgendwie gehörte dieser Ablauf schon dazu.

Nach einer guten Stunde stoppte ich für eine Jause im Brandner Dschungel. Es war ruhig und menschenleer. Auf einem großen Stein nahm ich Platz. Es war still. So still, dass ich meine Ohren sausen hörte. Nur eine Biene, die meinen Rucksack interessiert inspizierte, leistete mir kurz Gesellschaft bevor sie wieder ihres Weges zog.

Leicht bergauf ging es auf Waldwegen bis zum Kleinen Kimpfling und weiter zum Schwiegermuttersprung, von wo ein schöner Ausblick auf den sich darunter befindlichen Ahornsee ist. Latschen säumten den Weg als ich schon etwas später eine weitere Pause bei einem niedrigen Hochstand mit Blick zum Dachstein einlegte.

Aussicht in Richtung Dachstein Gletscher am Dachsteinrundwanderweg vom Stoderzinken zum Guttenberghaus
Wandern am Dachstein: Aussicht in Richtung Dachstein Gletscher am Dachstein-Rundwanderweg vom Stoderzinken zum Guttenberghaus
Das Haus der verlassenen Guttenbergalm am Dachsteinrundwanderweg
Wandern am Dachstein: Das Haus der verlassenen Grafenbergalm am Dachstein-Rundwanderweg

Nach der verlassenen Grafenbergalm ging es steiler bergauf und der Weg wurde langsam steiniger. Die erste Überquerung eines kleinen Geröllhangs folgte. An der Wegkreuzung, wo der Dachstein-Rundwanderweg seinen Namen in Königsetappe ändert, traf ich die ersten Menschen.

Mit Entsetzen stellte ich zudem fest, dass eine kleine Plastikflasche aus dem Seitenfach meines Rucksacks gefallen war. Mit schlechtem Gewissen setzte ich zuerst meinen Weg fort, bevor ich entschloss umzukehren und diese zu suchen. Für meine Plastikflaschensuchaktion und Umweltrettungsaktion opferte ich mehr als eine Stunde.

Aber am Weg – vor allem vom Stoderzinken bis zur Königsetappe war mir die Sauberkeit der Umwelt sehr deutlich aufgefallen. Dies änderte sich erst ab der Königsetappe, wo einige ungeliebte, zurückgelassene Taschentücher von Freilufttoilettengängen zu sehen waren (Bitte auch Taschentücher einpacken – sie lösen sich nicht einfach auf! 90% würden sogar einen Waschgang in der Waschmaschine heil überstehen!)

Bei der Feisterscharte, wo ein großartiger Ausblick auf die umliegenden Berge und das Guttenberghaus ist, war meine Tagesetappe beinahe zu Ende. Den Hügel runter und schon war ich in meinem Zuhause für die Nacht.

Wunderschöne Ausblicke am Dachsteinrundwanderweg
Wandern am Dachstein: Wunderschöne Ausblicke am Dachstein-Rundwanderweg

 

Wegbeschreibung Steinerhaus – Guttenberghaus:

  • Anfahrt über Gröbming zum höchsten Parkplatz beim Stoderzinken bzw. Steinerhaus auf 1829m
  • bei der Brunnerhütte entlang des Dachstein-Rundwanderwegs und der sogenannten Königsetappe (beides trägt die Wegnummer 618) bis zum Guttenberghaus
  • 13,3km I 904 m hinauf I 586m hinunter I angegebene Wegzeit: 6,5h (in Gegenrichtung 4,5h) I meine benötigte Wegzeit: 6h inklusive Pausen (ohne Plastikflaschensammel- und Umweltrettungsaktion)
  • Wegdetails: Brandner Urwald bis zum Kleinen Kimpfling – Schwiegermuttersprung mit Blick auf Ahornsee –  Grafenbergalm (1783m) – Rote Wand – Luserpfanne –  Königsetappe mit kurzem Blick auf Silberkarsee (Alternativ wäre es möglich direkt am Silberkarsee vorbeizugehen – Wegnummer 66 und anschließend 616 zum Guttenberghaus) – Feisterscharte (2198m) – kurzer Abstieg zum Guttenberghaus (2147m)
  • meine Beurteilung: eher leicht zu gehen: meist weicher (Wald-)Boden – nur wenige steile Anstiege

 

TAG 2: VOM GUTTENBERGHAUS ZUR SIMONYHÜTTE

Dirndl und Dachstein versteckt in den Wolken
Wandern am Dachstein: Dirndln und Dachstein versteckt in den Wolken

Am Vorabend hatte ich noch einige Gespräche mit dem sympathischen Hüttenwirt und anderen besorgten Gäste über meine mögliche Routenwahl geführt. „Zu gefährlich“, „zu lang“, „jetzt besser nicht mehr“, „Allein? Lieber nicht.“, so tönte es mir von allen Seiten zu meinen Routenüberlegungen entgegen. Auch fand ich mich mit Vorurteilen konfrontiert: „Bier? Na wenigstens etwas Gscheites trinkts.“ „Bist eh Vegetarierin, oder?“ Ich ärgerte mich. Über beide Seiten der „Medaille“ (die Vorurteile und die Menschen, die diese Vorurteile erzeugen).

Natürlich meinten es alle mit den Routentipps gut mit mir. Sicherheitsbedenken waren klarerweise zu berücksichtigen und sinnvoll. Dafür war ich auch sehr dankbar. Nur das „zu lang“ nahm ich widerwillig in Kauf. Ich wollte mich Auspowern, Energie abbauen, quasi in eine Gehmeditation verfallen und Abstand nehmen – 5 Stunden Gehzeit waren mir dafür eindeutig zu wenig. Auch deshalb, weil ich wusste, dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit unter der angegebenen Gehzeit liegen würde. In dem Bezug fühlte ich mich nicht verstanden.

Ich schloss mit mir einen Kompromiss: ich würde den Dachstein-Rundwanderweg bis zum Gjaidsteinsattel gehen und im Falle von Müdigkeit zur Südwandhütte gehen und dort nächtigen. Falls ich gut in der Zeit läge und noch Kräfte hätte, würde ich weitergehen.

Landschaftsausblick am Dachsteinrundwanderweg vom Guttenberghaus zum Gjaidsattel
Wandern am Dachstein: Landschaftsausblick am Dachstein-Rundwanderweg vom Guttenberghaus zum Gjaidsattel
Sessellift beim Schladminger Gletscher
Wandern am Dachstein: Sessellift beim Schladminger Gletscher

Über die Feisterscharte ging es los. Der Weg war einfach und schön zu gehen. Nur der Aufstieg zum Gjaidsteinsattel entlang des Sessellifts am Schladminger Gletscher über wackelige große Steine war kräftezehrend und mühsam. Oben angelangt, machte ich eine halbe Stunde Pause. Ich lag gut in der Zeit. Obwohl ich Weste und Jacke anzogen hatte, fror ich. Der Wind wehte kühl vom Gletscher herüber. Eingepackt zog ich daher bald weiter zum Kleinen Gjaidstein. Hinunter auf der anderen Seite und hinauf zum Großen Gjaidstein. Drei weitere Menschen hatten den gleichen Weg. Zwei davon benutzten Klettersteigsets. Ich war beunruhigt – hatte ich doch gedacht, dass hier ein normaler, nur kurz seilversicherter Wanderweg verlaufen würde. Doch es dauerte nicht lange und schon war der Gipfel des Hohen Gjaidsteins erreicht.

Nach Gipfelfotos und einer Eintragung ins Gipfelbuch kehrten die anderen um. Etwas zögerlich setzte ich meinen Weg fort bzw. begann ihn zu suchen. Er war am Gipfel nicht angeschrieben und ein eindeutiger Pfad erst nach Näherkommen ersichtlich. Die Wolken hingen tief. Die umherziehenden, dünnen Nebelschwaden über der vor mir liegenden Hochebene waren unheimlich und beunruhigten mich. Würde es doch einen Wetterumschwung geben?, fragte ich mich die ganze Zeit. Ich beschloss äußerst zügig zu gehen und stoppte auch nur kurz als ich das Taubenkogelnarr Notbiwak errichtet von Oskar Horky (geb. 1900, gestorben 1981) erreichte. „Na Mahlzeit“, wo war ich nur hingekommen, ging es durch meinen Kopf.

GIpfelkreuz am Hohen Gjaidstein; Hoher Gjaidstein in den tiefhängenden Wolken; Nebelschwaden auf der Hochebene zwischen Taubenkogel und Gjaidstein; Taubenkogelnarr
Gipfelkreuz am Hohen Gjaidstein; Hoher Gjaidstein in den tiefhängenden Wolken; Nebelschwaden auf der Hochebene zwischen Taubenkogel und Gjaidstein; Taubenkogelnarr

Erst auf der Adamekhütte erfuhr ich, dass das sogenannte Notbiwak eigentlich kein Notbiwak, sondern der Sommeraufenthaltsort des eigenbrötlerischen Herrn Horky gewesen war. Unter kargen Lebensbedingungen verbrachte dieser auf dem Hochplateau Jahr für Jahr seine Sommer in einer winzigen selbstgebauten Hütte. Es war kein Einheimischer, sondern kam irgendwo aus Niederösterreich, wurde mir berichtet. Wir schätzten, dass dieser in den 60iger oder 70iger dort seine Sommer verbracht haben müsste. Der Herr, der mir die Geschichte erzählte, konnte sich nur vage erinnern.

Ich hatte schon den Vorderen und Niederen Gjaidstein passiert, als ich endlich aus dem „Nebelloch“ hinauskam und wieder in der Sonne unterwegs war. Etwas abseits vom Weg jausnend sah ich zwei Wanderer. Munter zog ich an ihnen vorbei bis ich nochmals die Wanderkarte kontrollierte. Ich wurde unsicher und kehrte um. Ich hatte die Befürchtung eine Weggabelung verpasst zu haben. Sicherheitshalber wollte ich die beiden Wanderer fragen.

Ausblick nach dem Passieren der Nebelschwaden am Hochplateau
Ausblick auf das Gjardkar

Kurz zusammengefasst: Sie meinten, dass meine geplanten Route einen mega Umweg bedeuten würde. Sie würden auch zur Simonyhütte gehen, aber auf deutlich kürzerem Wege. Daher drehte ich mit ihnen um und wanderte mit ihnen über das Gjardkar zur Simonyhütte. (Das ich danach nochmal bei einer Weggabelung falsch abbog, sei nur noch erwähnt. Nach etwa zehn Minuten realisierte ich meinen Fehler und kehrte (mal) wieder um. Die beiden Wanderer, ein frisch verheiratetes Ehepaar, das aufgrund einer Pause etwas hinter mir gewesen war, hatte inzwischen versucht mich einzuholen. Das ist Zivilcourage, was? Und absolut nicht selbstverständlich!!! Alles Dankeschön spendierte ich ihnen ein Getränk in der Simonyhütte. Mehr Bedanken konnte ich mich nicht.)

 

Im Gjaidkar mit Blick auf Hallstätter Gletscher
Im Gjaidkar mit Blick auf Hallstätter Gletscher

 

Wegbeschreibung vom Guttenberghaus zur Simonyhütte über Gjaidsteine:

  • Etappe 1: Vom Guttenberghaus hinauf bis zur Feisterscharte und dann weiter am Dachstein-Rundwanderweg Nummer 674 bis zum Gjaidsteinsattel
  • Etappe 1: rund 10 km I 1200m Aufstieg I 993 Abstieg I angegebene Wegzeit: 5h I meine benötigte Wegzeit 4h (inklusive Pausen)
  • meine Beurteilung Etappe 1: sehr leicht zu gehen bis auf Anstieg zum Gjadsteinsattel – dort ist aufgrund der extrem wackeligen großen Steine hohe Trittsicherheit gefragt!
  • Etappe 2: vom Gjaidsteinsattel über der Kleinen und Hohen Gjaidstein der Wegnummer 615 bis kurz vorm Taubenkogel folgend, dann Umkehr zu Weg Nummer 657A durch das Gjardkar und zur Simonyhütte
  • Etappe 2: geschätzt 5,2km I geschätzt 260m Anstieg I geschätzt 700 Hm Abstieg I meine benötigte Wegzeit 5,5 h (inkl. Pausen und Zusatzweg von rund 2,5km)
  • meine Beurteilung Etappe 2: so wie es auch angeschrieben steht – nur für Geübte! Hohe Trittsicherheit und Schwindelfreiheit ist hier bis zum Hohen Gjaidstein kein Fehler; Der Weg über das Gjaidkar ist auch eher anspruchsvoll.
  • Wegdetails: Guttenberghaus – Feisterscharte – Gjaidsteinsattel – Kleiner Gjaidstein – Hoher Gjaidstein – Taubenkogelnarr – vorbei an niederen und vorderer Gjaidstein – durch Gjardkar zur Simonyhütte

 

TAG 3: VON DER SIMONYHÜTTE ZUR ADAMEKHÜTTE

Der Gosaugletscher - links klein im Bild die Adamekhütte
Der Gosaugletscher – links klein im Bild die Adamekhütte

Überraschenderweise hatte ich in der Simonyhütte ein Bett in einem kleineren Lager zugeteilt bekommen. In der Luxusvariante – ganz für mich allein. Ich schlief aus, packte meine im Zimmer wild verstreuten Sachen zusammen, frühstückte einen Kaffee, ging nochmals ins Internet (ja, hier gab eine großartige Internetverbindung) und brach um Viertel nach neun gemütlich auf. Zwar hatte mir ein Bergführer 6 Stunden Gehzeit mit Pausen prophezeit. Ich war mir aber sicher, dass ich schneller sein würde. Noch mit der Simonyhütte im Blickfeld beim Zurückschauen spazierte ich zum Hohen Trog. Inzwischen gab es keine Bäume, Latschen oder Wiesen mehr, sondern einzig und allein Stein. Dem Aufstieg folgte ein Abstieg, dem Abstieg ein kleiner Aufstieg. Dem Aufstieg ein erneuter Abstieg. So ging es die ganze Zeit. Entlang der Felswände verlief der Weg hinunter, um die Ecke, hinauf, hinab und hinüber. Nur von der Nähe war der Weg erkennbar.

Der steinige Weg entlang der Felswände von der Simonyhütte zur Adamekhütte
Der steinige Weg entlang der Felswände von der Simonyhütte zur Adamekhütte; Jetzt seh ich den Weg, du auch?

Auch wenn du keinen Weg siehst. Vertrau darauf. Es gibt einen. Oft sogar mehrere.

Es war einfach genial. Manchmal blieb ich stehen und versuchte den Weg von der Ferne auszumachen. Aber ich sah ihn nicht (auch weil ich nicht glauben wollte, dass er so hoch verlaufen würde.) Dass es beim Näherkommen einen gab, an Stellen, wo ich ihn nicht vermutet hatte, begeisterte mich. Statt des Weges aus der Ferne sah ich einen Steinbock.

Ab der Hoßwandscharte änderte sich die Bodenbeschaffenheit etwas. Große Steinplatten führten über ein wunderschönes Hochplateau mit atemberaubenden Blick auf den Gosaukamm. Zwei Wanderer kamen mir entgegen. Hier könnte ich bleiben, beschloss ich und tat es dann doch nicht.

Wunderschöner Ausblick auf die umliegenden Berge und dem Gosaukamm am Weg von der Simonyhütte zur Adamekhütte
Wandern am Dachstein: Wunderschöner Ausblick auf die umliegenden Berge und dem Gosaukamm am Weg von der Simonyhütte zur Adamekhütte
Die Adamekhütte am Dachstein
Wandern am Dachstein: Die Adamekhütte am Dachstein

Zur besten Zeit, um die Nachmittagssonne auf der Terrasse zu genießen, erreichte ich die Adamekhütte. In Gedanken versunken, wartete ich hungrig auf das Abendessen. Ich aß die erste Portion und bestellte eine zweite. Ein Portion war mir zu wenig. Hungrig wollte ich nicht ins Bett gehen. Beim Warten unterhielt ich mich mit den aufgrund des Feiertags in der Tschechischen Republik vielen anwesenden Tschechoslowaken (TschechoslowakInnen lieben einfach die österreichischen Berge beteuerten sie) und einem Herrn aus Hallstatt. Es war witzig. Englisch, Deutsch, Tschechisch – alle Sprachen flogen kreuz und quer durch den Raum. Alle waren bemüht sich zu unterhalten. Dann ging ich schlafen.

 

Wegbeschreibung von der Simonyhütte zur Adamekhütte:

  • von der Simonyhütte (2205m) dem Weg 601A und 650 über den Hohen Trog (2359) bis zur Adamekhütte
  • 6,9 km I 456 Aufstieg I 485 Abstieg I angegebene Wegzeit: 6h I meine benötigte Wegzeit: 4,5h (inkl. Pausen)
  • Wegdetails: Simonyhütte (2205m) – Hoher Trog (2359m) – Hoßwandscharte (2187m) – Am hohen Riedel – Adamekhütte (2196)
  • meine Beurteilung: eher anspruchsvoll, da auch ein bisschen „gekraxelt“ werden muss

 

TAG 4: VON DER ADAMEKHÜTTE NACH GOSAU, HALLSTATT & SALZBURG

Aussblick zum Gosausee am Weg von der Simonyhütte zur Adamekhütte
Wandern am Dachstein: Ausblick zum Gosausee am Weg von der Simonyhütte zur Adamekhütte

Nach einer Nacht im riesigen Austria-Schlafsaal der Adamekhütte – als einzige Frau im Raum, wohlbemerkt nicht auf der Hütte – startete ich meinen Abstieg. Ohne Pausen folgte ich dem Weg im zügigen Tempo bergab. Einige FrühaufsteherInnen hatten bereits einen Großteil des Aufstiegs zur Adamekhütte zurückgelegt. Mit allen unterhielt ich mich kurz. Die Aussicht auf das lange Tal mit den Gosauseen war traumhaft. Ab der Hinteren Holzmeisteralm ging es auf einem breiten Gehweg, der auch für die HüttenwirtInnen mit Autos befahrbar wäre bis zum Parkplatz des Vorderen Gosausees, wo die Gastgärten der Wirtshäuser auf Vollbetrieb liefen. So viele Menschen – hier wollte ich mich nicht lange aufhalten.

Hinterer Gosausee
Wandern am Dachstein: Hinterer Gosausee

Der nächste Bus fuhr erst in einer Stunde los. Am Rand eines Parkplatz positionierend, versuchte ich meinen Weg durch eine Mitfahrgelegenheit fortzusetzen. Ich hatte sofort Glück. Eine nette Dame nahm mich bis Gosau mit, wo sie mich an einer mehr befahrenen Kreuzung absetzte. Ein Truck brachte mich bis Gosaumühle und eine junge Bad Ischlerin nahm mich bis Hallstatt mit.

Im dortigen Nah&Frisch holte ich mir ein leckeres, deftiges, ungesundes, österreichisches, nicht vegetarisches Frühstück – eine Käsleberkässemmel und eine Semmel mit Wurst und Käse. Ich hatte noch nichts gegessen und inzwischen knurrte mein Magen hörbar. Beim sogenannten „Postkartenblick“ auf einer Parkbank aß ich gemütlich.

Postkartenblick auf Hallstatt
Postkartenblick auf Hallstatt

Mit wunderbaren Blick auf Hallstatt beobachtete ich die zahlreichen AsiatInnen, von denen Hallstatt ein Fixpunkt bei einem Österreich-Besuch ist. Begeistert spazierte ich durch die kleinen Straßen, über den Hauptplatz und zu den Kirchen. Fest stellte ich dabei erstens, dass ich schon mal hier gewesen war (daran konnte ich mich im Vorfeld gar nicht erinnern) und zweitens, dass ich den AsiatInnen völlig recht geben musste. Hallstatt ist einfach zuckersüß!

Wie China Hallstatt 1 zu 1 nachbauen konnte (Ja, wirklich! Das ist kein Scherz!), entzog sich zwar meiner Vorstellungskraft, aber das warum wurde mir ein wenig klarer.

Das „Dirndl to go“ war, meiner Meinung nach, die größte Kuriosität die Hallstatt zu bieten hatte.

Beim Busfahren nach Bad Ischl und weiter nach Salzburg unterhielt ich mich mit ein paar ChinesInnen. Nun weiß ich, dass die Europa Besichtigungstouren für die meisten – nach Wien, Salzburg und Hallstatt – weiter nach Berchtesgaden in Deutschland führen. Sie wunderten sich, dass es nicht – so wie in Südostasien üblich – angebotene „Pauschaltouren“ gab. Denn mit den österreichischen Postbussen herumzufahren, sei kompliziert. Ja, sogar für ÖsterreicherInnen, meinte ich.

 

Wegbeschreibung von der Adamekhütte zum Vorderen Gosausee:

  • von der Adamekhütte (2196m) führt der Weg 601A und 614 bis zum Vorderen Gosausee (937m) bergab (von Parkplatz aus gibt es stündliche Postbusse nach Gosau bzw. in Richtung Bad Goisern); Umsteigepunkt nach Hallstatt wäre Gosaumühle!
  • 10,4 km I 1464 Abstieg I 220 Aufstieg I angegebene Wegzeit: circa 4,5h I meine benötigte Wegzeit: 3h (ohne Pausen)
  • Wegdetails: Adamekhütte – Hintere Holzmeisteralm – Hinterer Gosausee – Gosaulacke – Vorderer Gosausee
  • Zusatzweg: Bus von Hallstatt nach Bad Ischl, Bus von Bad Ischl bis Salzburg
  • meine Beurteilung: von der Adamekhütte bis zum Hinteren Gosausee angenehmer, ausgetretener Pfad; als einziger Weg auf meiner Wanderung ist der Weg vom Vorderen Gosausee bis zur Hinteren Holzmeisteralm mit Rollstuhl oder Kinderwagen befahrbar!

 

MEINE ANMERKUNGEN ZUM WANDERN AM DACHSTEIN

Vor dem Aufstieg auf den Kleinen Gjaidstein
Wandern am Dachstein: Vor dem Aufstieg auf den Kleinen Gjaidstein

Die Wege

Innerhalb der vier Tage Wanderung traf ich auf stark wechselnden Untergrund. Von Waldboden, ausgetretenen, flachen Pfaden, leicht steinig, Wandern über Geröll, große wackelige Steine oder große und feste Steinplattten war alles dabei. Wandern am Dachstein ist kein Spaziergang! Leichte Kraxeleien – damit meine ich kein richtiges Klettern, sondern anspruchsvolleres Steigen, wo beide Hände als Hilfe verwendet werden müssen – waren bei meiner Routenwahl immer wieder am Weg vorhanden. Auch Stellen, wo Eisenhaken als Tritthilfen an den Felsen angebracht worden waren oder Stahlseile zum Anhalten, kamen – verwunderlicherweise auch am Dachstein-Rundwanderweg! – vor. Gute knöchelhohe Bergschuhe (am besten mit Geröllschutz) wären meine Schuhe der Wahl! Von leichten Trekkingschuhen rate ich persönlich eher ab. Es gibt Passagen mit Seilversicherung und unzählige Möglichkeiten am Dachstein Klettersteige zu gehen. Wer Interesse an der Begehung von Klettersteigen oder schwierigeren Routen hat, sollte unbedingt Helm und Klettersteigset mitnehmen!

 

Für wen ist eine Wanderung am Dachstein geeignet?

Eine ausgedehnte Wanderung ist nur für Menschen mit halbwegs guter Kondition und Trittsicherheit geeignet. Schwindelfreiheit und das Vermögen leichte „Kraxeleien“ (kein richtiges Klettern) zu machen sind ebenso Voraussetzung. Menschen mit Geheinschränkungen rate ich zwar definitiv von Wanderungen in unwegsames Gelände ab. Alternativ wäre aber ein Besuch des Dachsteins über eine der leider extrem teuren Seilbahnen möglich. Oder der Wanderweg vom Vorderen Gosausee bis zur Holzmeisteralm ist mit Kinderwagen oder Rollstuhl ohne Probleme befahrbar oder für ältere Personen mit weniger Kondition gut zu meistern.

 

Was brauche ich unbedingt mit?

  • Hüttenschlafsack – kann gegen Gebühr theoretisch auch auf der Hütte geborgt werden
  • Ohrstöpsel – sind nie ein Fehler für Personen, die vorhaben im Schlafsaal zu nächtigen
  • Stirnlampe
  • Tagesproviant und ausreichend Wasser
  • genügend Geld – die Kosten bei Hüttenaufenthalten sind nicht zu unterschätzen
  • Wanderkarte (mindestens 1:50 000, besser 1:25 000)
  • Handy für Notfälle
  • Erste-Hilfe-Set, die Mitnahme eines Notbiwaksacks wird empfohlen
  • Pfeife – nehme ich immer mit, wenn ich allein unterwegs bin
  • ausreichend warme und wetterfeste Kleidung, Kleidung zum Wechseln, eventuell Haube und Handschuhe
  • wenn vorhanden: Mitgliedskarte von Alpenverein, Naturfreunde etc.
  • Hygieneprodukte, ein kleines Handtuch und einen Waschlappen (einfacher zum Waschen am Waschbecken oder wenn wenig Wasser zur Verfügung steht)
  • ein Plastiksack zum Sammeln des Mülls (da gehören auch Taschentücher hinein, wenn eine Freilufttoilette besucht wird!)
  • Sonnenbrille und Sonnencreme, die Sonneneinstrahlung in den Bergen ist stärker als im Tal

 

Was kostet eine Hüttenwanderung?

Die Kosten einer Hüttenübernachtung sind abhängig von der Vereinszugehörigkeit bzw. ob diese in Privatbesitz ist. (Tipp: Hüttenzugehörigkeit im Vorfeld checken!) In der Dachsteinregion sind fast alle Hütten im Besitz des Alpenvereins. Die Südwandhütte ist im Privatbesitz.

Auf den Alpenvereinshütten kostet eine Übernachtung im Lager 12€ für Mitglieder bzw. 24€ für Nicht-Mitglieder plus Tourismusabgabe (circa 1,80€). Ein Essen kostet zwischen 8€ und 14€ (am günstigsten ist meist das Bergsteigeressen für Alpenvereinsmitglieder um 8€). Ein Kleines Frühstück mit 2 Scheiben Brot, Butter und Marmelade inklusive Kaffee oder Tee kostet 6,80€, ein Großes Frühstück mit 3 Scheiben Brot, Butter, Marmelade, Wurst und Käse inklusive Kaffee oder Tee 10,00€. Auf der Simonyhütte gab es ein Frühstücksbuffet (wiederum teuer, aber mit mehr Auswahl).

Eine sogenannte Halbpension um 28€ ohne Übernachtung wurde auch angeboten. Die Halbpension beinhaltet ein drei Gänge Menü am Abend, das Frühstück und 1 Liter Marschgetränk.

Verwunderlicherweise war das Wasser in manchen Hütten als kein „Trinkwasser“ angegeben. Für diesen Fall hatte ich Wasseraufbereitungstabletten mitgenommen. Ansonsten 1 Liter Wasser 1 €, 2 Liter Wasser 2€ etc.! Wurde kein spezieller Hinweis angebracht, trank ich das Wasser aus der Leitung (was auch nicht überall erlaubt wäre/ gewünscht ist).

Weitere Getränkepreise: Kaffee (2,60€), 0,5l Tee (3,50€), 0,5l Bier (4,60€), 1/4 Wein (4,80), 0,5l Bergsteiger-Getränk (Himbeersaft-mit Leitungswasser, 2,50€).

Wer in der Hütte Abend isst und vielleicht ein oder zwei Getränke trinkt, sollte als Untergrenze mit mindestens 30€ täglich rechnen (ohne Tagesverpflegung und Frühstück) unter der Annahme einer Alpenvereinsmitgliedschaft. Wer Halbpension überlegt, liegt bei mindestens 40€ täglich (ohne Tagesverpflegung, aber mit Frühstück).

Eigenes Kochen ist klarerweise nur außerhalb und in einigen Abstand zu den Hütten erlaubt. Wer länger unterwegs ist, sollte sich eine Übernachtung im Biwaksack/Zelt oder mit Eigenversorung stark überlegen. Ansonsten ist eine längere Mehrtageshüttenwanderung, meiner Meinung nach, nicht leistbar. Zumindest nicht mit meinem Gehalt.

 

Wo erhalte ich Informationen zu den vorhandenen Wanderwegen? Was darf ich nicht vergessen?

Die Mitnahme einer Wanderkarte vom geplanten Wandergebiet ist ein Muss. Im Internet können im Vorfeld schon zahlreiche Routenvorschläge zu österreichischen Wanderwegen gefunden werden. Vor Ort würde ich immer zu einer zusätzlichen Rücksprache mit den HüttenwirtInnen raten, vor allem, wenn du die lokalen Bedingungen nicht kennst.

Vor Beginn der Wanderung sollte unbedingt nochmal das Wetter kontrolliert werden! Jahreszeit beachten! Tödliche Unglücke aufgrund von Eis – meist wegen Ausrutschens- kommen immer wieder vor. Der letzte tödliche Unfall am Dachstein ereignete sich nur eine Woche vor meiner Wanderung.

Wer allein unterwegs ist, geht immer ein gewisses Risiko ein. Tipps für das Wandern allein kannst du hier lesen.

 

NOCH MEHR WANDERBEITRÄGE LESEN

 


Meine Wanderung am Dachstein unternahm ich vom 26. bis 29. September 2016. Mein Ausflug war 100% eigenfinanziert.

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11 Comments

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  1. says: helga

    Herrliche Erlebnisse für eine tapfere Frau! Zusammen mit meiner Freundin möchten wir diesen Sommer in die Berge eine Wanderung unternehmen. Für die Tipps zu den Wanderwegen vielen Dank! Wir hoffen, solch ein Erlebnis tankt uns Energie und baut den täglichen Stress schnell ab!

  2. says: Franzi

    Hallo Theresa,

    Ich habe gerade durch Zufall deinen Blog entdeckt, da ich derzeit dabei bin meine Dachsteinumrundung für nächstes Jahr zu planen. Wenn sich bis nächsten Sommer nichts ergibt, werde ich auch alleine gehen und die Ruhe genießen. Ich plane mit 7 bis 8 Etappen und bin gerade dabei geeignete Hütten zu finden.
    Ich finde deine detailierte Beschreibung sehr gut, um sich als Ortsfremde einen besseren Eindruck zu verschaffen.

    Vielen Dank dafür und liebe Grüße
    Franzi

  3. says: Sabi

    Hallo Theresa,
    Bin grade durch Zufall auf deinen Blog gestossen und freue mich dass du auch über den Dachstein schreibst :) Ich liebe den Dachstein, bin mal über den Klettersteig raufgegangen und war schon einige Male mit der Gondel oben. Sehr coole Tour die du auch gemacht hast.
    Lg Sabi

  4. says: Bernhard

    Hallo Theresa habe mit Begeisterung deinen Bericht über die Dachsteinwanderung gelesen. Ich bin gerade vor 2 Wochen vom Vorderen Gossausee zur Hofbürgelhütte von dort zur Adamekhütte und zurück über den Hinteren Gossausee zum Parkplatz Vorder Gossausee gegangen. War super. Für nächsten Sommer plane ich eine Dachstein Umrundung. Austriahaus – Adamekhütte – Simonyhütte – Gutenberghaus – Austriahütte. Ich freu mich drauf. L. G.

  5. says: Martin

    Trotz Orientierungsproblemen vor Ort hoffe ich dass die Wege im Kopf ein wenig klarer wurden. :-) So geht’s wenigstens mir immer wenn mich der Wanderweg ruft.
    Schöner Bericht und optimales Wetter erwischt.

  6. says: Jakob

    Wow. Klingt nach einer super Wanderung. Und das noch dazu alleine. Find ich cool, und mutig! Den Umgang mit dir auf der Hütte find ich allerdings arg.

    Liebe Grüße,
    Jakob

    1. says: Theresa

      Hallo Jakob, welche Situation meinst du jetzt? Die mit den Vorurteilen? Das war halt im Scherz dahingesagt. So schlimm war es nicht. Ich lass mich nur nicht gern in Schubladen stecken…