Stadtspaziergang durch Gent gewürzt mit Tipps

[Werbung: Kooperation] Als Europas bestgehütetes Geheimnis wird Gent von Flandern Tourismus angepriesen. Wer den Vergleich mit Brügge zieht, deren Altstadtkern im Jahr 2000 zum UNESCO Weltkulturerbe erhoben worden ist und wo sich jährlich über eine Million TouristInnen tummeln (bei nur rund 120.000 EinwohnerInnen), kann der Aussage wohl nur zustimmen.

Gent ist ein Geheimtipp bei einem Besuch in Flandern.

Die zweitgrößte Stadt Flanderns und drittgrößte Stadt Belgiens hat als hippe Studierendenstadt so einiges zu bieten: nach Erzählungen ist Gent eine fein dosierte Mischung aus dem modernen Antwerpen (war noch nie dort) und dem mittelalterlichen Brügge (kann ich bestätigen), ein bisschen Hipster mit vielen Veggie-Lokalen und den dazu passenden kleinen, detailreichen Lifestyleläden – besonders eben und mit dem gewissen Flair. Kein Wunder also, dass der mittelalterliche Altstadtkern bereits auf der KandidatInnenliste zur Aufnahme ins UNESCO Weltkulturerbe steht. Daher empfehle ich besser jetzt hinzufahren als erst in 10 Jahren!!!

Gent war mein Startpunkt für meine Fahrradtour durch Flandern, die mich über Brügge, nach Ostende an der Nordsee, Nieuwpoort, der im Landesinneren gelegenen kleinen Stadt Ypern und weiter nach Kortrijk geführt hat. Es ist mein zweiter Besuch. Und da mir die Stadt auch bei meinem ersten Besuch so gut gefallen hat, hatte ich nichts dagegen sie nochmal zu besuchen.

Straße mit Tische, SpaziergängerInnen
Durch die Straßen schlendernd im Viertel Pathersol

Wien – Brüssel – Gent, das sind die Stationen an meinem Anreisetag. Mit dem Zug erreiche ich am frühen Nachmittag den Sint-Pieters Bahnhof in Gent. Es ist einer wichtigsten Bahnhöfe in ganz Belgien. Über 600 Züge sollen täglich durch ihn hindurchrollen. Zwar wäre der kleine Bahnhof Dampoort näher zum Altstadtzentrum, jedoch halten die schnellen Züge natürlich nur am wichtigsten Knotenpunkt.

Mit der Straßenbahnlinie 1 fahre ich Richtung Evergem Brielken (oder Gravensteen) und steige an der Haltestelle Gravensteen aus. Keine 5 Minuten später habe ich das sehr empfehlenswerte B&B Abrahams Prinsenhof (Infos & Bilder am Ende des Beitrags!) erreicht. Die herzliche Myriame empfängt mich – glatte, lange weiße Haare, eine schlanke Frau, aus ihren Augen strahlt Lebenslust. Sie spricht auch Deutsch. Ich beziehe mein Zimmer und bevor ich meinen Stadtrundgang starte, steht mir Myriame mit zahlreichen Tipps zur Seite. In einem mir zur Verfügung gestellten Stadtplan malt sie mir alle wichtigen Sehenswürdigkeiten ein. Am Ende sind so viele Punkte eingekringelt und Straßen hervorgehoben, meiner Meinung ist das ganze Zentrum markiert, wie ich belustigt feststelle.

Ich will natürlich alles sehen und spaziere los.

 

1. BURG GRAVENSTEEN

Die heutige Burg Gravensteen(Grafenstein) ist eine Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert. Schon die Wikinger errichten auf ihren Platz die erste Anlage. Sie ist ganzjährig geöffnet und beherbergt ein Waffen und Foltermuseum. Mir reicht ein Blick von außen.

Die Wasserburg Gravensteen
Burg Grafensteen (Grafenburg) in Gent

 

2. GRASLEI UND KORENLEI

Häuserreihe und Turm mit Blumen im Vordergrund
Graslei in Gent

An der Graslei und Korenlei finde ich sogleich meinen Lieblingsplatz in Gent, an den ich noch einige Male zurückkommen werde. Die Graslei ist das rechte Ufer der Leie, die Korenlei das linke Ufer des mittelalterlichen Hafens. Auf beiden Seiten reihen sich die historischen Gildenhäuser aneinander. Im Erdgeschoss gibt es zum Teil Lokale, deren Gastgärten bis an die Leie reichen. Die freien Flächen sind besiedelt von jungen Menschen, die mit einem mitgebrachten Getränk gemeinsam die Sonne genießen.

Ein Kanal mit Wasser und Häuser
Blick auf Graslei und Korenlei von der Sankt-Michael-Brücke in Gent

 

3. ST-MICHAEL-BRÜCKE NEBEN DER ST. MICHAELSKIRCHE

Gebäude mit Türmen auf einer Brücke stehend
Blick Richtung der „Drei Türme Ansicht“ von der St.-Michael-Brücke in Gent. Zu sehen ist aber nur die St.-Niklaas-Kirche und der Belfried.

Über einen Umweg umrunde ich einmal die St. Michaelskirche und finde mich anschließend auf der St.-Michael-Brücke ein. Die Kirche und die Rückseite der Universität Het Pand auf der einen Seite, die Graslei und Korenlei auf der anderen Seite und geradeaus: ein Teil der berühmten Turmreihe, die nur bei dieser Brücke und nur von einem bestimmten Platz aus zu sehen ist.

Es ist DIE Postkartenansicht von Gent weist mich Myriame mehrmals hin. „Dort muss du auf jeden Fall hin“ und hat mir die Brücke nicht nur eingekringelt, sondern großflächig ausgemalt. Die St.-Niklaas-Kirche, der Belfried und die St.-Bavo-Kathedrale bilden die berühmten Turmreihe von Gent (drie torens van Gent). 

Der Platz, auf dem diese Turmreihe fotographiert werden kann, befindet sich nicht auf der Brücke, sondern auf der Korenlei etwas neben der Brücke. Zwar hat es mir Myriame sicher gesagt. Aber wegen der vielen Türme glaube ich auf der Brücke in dem Moment richtig zu sein.

 

4. KORENMARKT & ALTES POSTAMT

Haus mit einem Turm und zwei Giebel
Die Alte Post am Korenmarkt – heute ein Einkaufszentrum – in Gent

Immer der Nase nach: einfach geradeaus spaziere ich nun der Reihe nach an allen Türmen vorbei. Aber zuerst bestaune ich das Alte Postamt, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts erbaut wurde. Inzwischen ist es ein Einkaufszentrum. Die Erkundung des Korenmarkts mit seinen zahlreichen Imbissen und Cafés (im oberen Bereich) verschiebe ich auf später.

Vorbei an der gotischen St.-Niklaas-Kirche folge ich den Türmen. Die beeindruckende, moderne Markthalle und den Belfried lasse ich kurzfristig neben mir liegen.

 

5. ST. BAVO KATHEDRALE

Deckengewölbe und Ausstellungsvitrinen
In der Krypta der St.-Bavo-Kathedrale

Die St.-Bavo-Kirche ist mein nächstes Ziel. Denn dort ist der berühmter Genter Altar mit dem im Zentrum stehenden Bildes „Die Anbetung des Lammes“ von den Brüdern van Eyck ausgestellt. Es wurde 1432 geschaffen und wurde vehement von den Deutschen in Zweiten Weltkrieg eingefordert. Bis auf das linke Flügelbild – das Gemälde der „Gerechten Richter“, das 1934 gestohlen wurde, blieb das Original in der St.-Bavo-Kathedrale.

Bis 2019 wird es renoviert, aber eine Besichtigung ist zu den Öffnungszeiten möglich. Als ich eine Runde durch die Kirche und die Krypta gedreht habe, stelle ich fest, dass ich die Besichtigungszeiten verpasst habe.

 

6. MARKTHALLE & BELFRIED VON GENT

Die offene Markthalle und der hohe Turm des Belfrieds in Gent
Die Markthalle und der Belfried von Gent

Der Belfried von Gent gehört seit 1999 bereits zum UNESCO Weltkulturerbe. Belfriede sind hohe Wach- bzw. Glockentürme, die vor allem in Flandern und im Norden Frankreichs zu finden sind. In Abgrenzung zur Kirche wurden Belfriede als Symbol der „bürgerlichen Macht“ errichtet. Als Wachturm mit Sturmglocke alarmierte er über Gefahren wie z.B. Feuer oder diente als Aufbewahrungsort für wichtige Dokumente. In Gent ist der Belfried mit der Tuchhalle verbunden.

Die moderne Markthalle, die gar keine geschlossene Halle ist, sondern eine aus zwei Doppelgiebel bestehende Überdachung, ist gegenüber. Schön irgendwie, auch wenn sich ihr Sinn für mich nicht 100% erschließt.

Unter dem Dach der modernen, offenen Markthalle in Gent
„In“ der offenen Markthalle in Gent

 

7. GROENTEN MARKT

Die Säule des Trinkbrunnen, Menschen, Häuser
Am Groenten Markt

Über den Donkersteeg und den Korenmarkt spaziere ich weiter zum Groenten Markt. Hungrig lasse ich eine Waffel mit Schokolade verschwinden. In der Mitte am Trinkwasserbrunnen kurz Platz nehmend, beobachte ich die Umgebung: lachende Bier verkostende TouristInnen auf der einen Seite und der seine Aufmerksamkeit auf sich ziehende Wagen eines „Genter Neuzekes“ (Nasen) Verkäufers auf der anderen. Die Genter Nasen werden auch Cuberdons genannt und sind eine kegelförmige, belgische Süßigkeit: außen hart und innen weich. Die weiche Füllung innen ist typischerweise Himbeergelee. So gut wie alle TouristInnen bleiben stehen und machen Fotos. Ob sie gut sind? Ich weiß es nicht. Nach der Waffel will ich nicht mehr Süßes. Wenn du wissen willst, wo es traditionsreiche Cuberdons (oder Genter Senf oder allerlei Schönes zum Kaufen) gibt, muss ich dich auf den Gent-Bericht der lieben Reisebloggerin-Kollegin Gudrun verweisen: weitere „Tipps für Gent„.

 

8. GRAFFITI STRASSE

Bunte, bemalte Wände in einer schmalen Gasse
In der Graffiti Straße in Gent

Gestärkt von der Waffel, aber noch nicht satt, steuere ich der Hoogpoort Straße folgend die Graffiti Straße an. Ein eher unscheinbarer Durchgang ist ihr Eingang. Während eine Gruppe spanischer StadtbesucherInnen begeistert vor den Wänden posiert, bin ich ein wenig enttäuscht, hatte ich kunstvolle Schriftzüge oder ausgeklügelte Kunstwerke erwartet.

Ich betitle sie um in „Straße, in der sich jede/r unterschreiben darf und viele das auch tun“. Aus der Perspektive gefällt sie mir gleich besser. Leider habe ich keinen passenden Stift oder eine Sprühdose dabei.

 

9. VRIJDAG MARKT & ST. JACOBSKIRCHE

Großes Haus auf einem Platz mit Bäumen
Am Vrijdag Markt

Ich setze meinen Weg im Zickzack fort. Kurz zum Kanal und dann wieder hinein in die nächste Straße in Richtung St. Jacobskirche, vor der an Freitagen, Samstagen und Sonntagen am Vormittag ein Flohmarkt stattfindet. An den Vrijdagmarkt kann ich gut von meinen ersten Besuch in Gent erinnern. In einem der den Platz säumenden Restaurants waren wir damals Kaffee und ein Bier trinken. Die Gebäude ringsherum stammen alle aus dem 18. Jahrhundert. Die Blicke auf sich zieht allerdings das sozialistische Volkshaus Ons Huis mit der roten Aufschrift Bond Moyson.

Davor steht der ImbissstandFrituur Jozef„. Genau so einen Stand wollte ich besuchen. In dem Heimatland der Fritten/Pommes kann ich meine simplen kulinarischen Vorlieben wohl nicht verheimlichen. „Einmal Pommes mit Ketchup und Mayo, bitte!“ Die Portion ist so groß, dass ich es nicht schaffe sie aufzuessen – das passiert selten.

 

10. OUDBURG IN PATHERSOL

Ein Kanal mit Booten, das Geländer geschmückt mit Blumen
Am Ende der Oudenburg Straße neben den Kanal mit Blick Richtung Groenten Markt

Ab nun folge ich keinen Plan mehr. Ein Kanal hinauf, eine Brücke hinüber, links, rechts, links, rechts – kreuz und quer spaziere ich durch das Viertel Pathersol wie ich im Nachhinein konstruiere. Ein tolles Viertel voll von Bars, Kneipen, Restaurant und Kunstgalerien! Nach der Graslei und Korenlei wird die Gegend mein zweit liebster Ort in Gent. In der Oudburg Straße wird ein Fest vorbereitet. Zahlreiche Essens- und Getränkestände säumen diese. Am Abend, als ich nochmal hierherkomme, gibt es Live-Konzerte versteckt in den Seitenstraßen. Oudburg ist kaum passierbar so voll mit Menschen ist diese.

Eine Backsteinhausmauer mit einer kleinen Figur
Kleine Details an den Häusern von Gent

 

11. GENT BEI NACHT

Nach einer kurzen Pause in meinem gemütlichen Burgundischen Zimmer, breche ich zu meinen zweiten Rundgang auf. Ganz nach dem Motto „Eat – sleep – travel – repeat“ mache ich Gent – Klappe, die Zweite. Denn Gent bei Nacht ist ein eigenes Erlebnis. Die ausgefeilte Beleuchtung wurde sogar prämiert.

Rote Blumen dahinter die Hausreihe der Graslei in Gent
Die Graslei von Gent bei Nacht
Beleuchtetes Haus an der Graslei in Gent
Ein Gildenhaus an der Graslei in Gent
Ein Kanal und die beleuchtete Häuserfront der Korenlei
Korenlei bei Nacht

 

SCHLAFEN: B&B ABRAHAMS PRINSENHOF IN GENT

Nächtigen durfte ich während meines Aufenthalts in Gent im B&B Abrahams Prinsenhof. Das Burgundische Zimmer wurde mein Reich für eine Nacht. Das B&B Abrahams Prinsenhof liegt nur 5 Minuten von der Burg Gravensteen entfernt, mitten in der Altstadt von Gent. Die Inhaberin Myriame Dolders, Historikerin und Fremdenführerin, sorgt persönlich mit viel Liebe zum Detail für das Wohl ihrer Gäste, sei es bei der Ausstattung der Zimmern oder beim der Zubereitung des Frühstücks. Natürlich gibt sie auch jede Menge Tipps zum Sightseeing.

Das B&B Abrahams Prinsenhof ist ein Unikat (darum gibt es auch diese extra ausführliche Erwähnung). Es gibt 2 sehr großzügige und ein kleines Gästezimmer sowie eine angrenzende Ferienwohnung. Das Gebäude stammt aus dem 18. Jahrhundert und wurde mit der Beibehaltung seines historischen Charakters renoviert. Leider ist es durch die eingebauten Stufen im Haus nicht barrierefrei.

Detailreich eingerichtetes Zimmer mit Tisch, Waschbecken, Bügeleisen etc.
Die Küche bzw. Aufenthaltsraum meines Burgundischen Zimmers im B&B Abrahams Prinsenhof
Fotocollage vom B&B Abrahams Prinsenhof: ein Bett und Hochbett, der Garten, ein ovaler Spiegel, ein Wohnzimmerbereich, das Frühstück, die Eingangstür
Im B&B Abrahams Prinsenhof

 

NEUGIERIG GEWORDEN? TIPP FÜR DIE ANREISE

Gent eignet sich hervorragend für einen Wochenendtrip. Das Hi Belgium“ Angebot von der Brussels Air mit dem auch ich (auf Einladung) nach Brüssel geflogen bin und uneingeschränktes Zugfahren im Land ermöglicht, ist eine tolle Chance verschiedene Städte in Flandern kennenzulernen.

 

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Mein Flandern Besuch fand vom 11. bis 14. August 2017 auf Einladung des Flandern-Tourismusbüros statt (Vielen Dank für die Einladung und besonderen Dank an S. u. A.!). Eingeladen wurde ich auf die An- & Abreise, den Transport vor Ort, die Unterkunft, die Verpflegung sowie sämtliche Unternehmungen. Es gab kein Honorar, aber auch keine Vorgaben. Sämtliche Beiträge wurden nach eigenen Ermessen erstellt. Meine Meinung ist – Du darfst raten?: meine eigene.

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